Die veterinärmedizinische Telemedizin ermöglicht es Tierärzten anhand von digitalen Hilfsmitteln Untersuchungen remote durchzuführen und fachliche Beratung von örtlich entfernten Spezialisten anzufordern. Bisher ist die telemedizinische Befunderhebung bzw. -auswertung in der deutschen Veterinärmedizin nur als Ergänzung zum Praxisbesuch erlaubt. Tierärzte können telemedizinische Dienstleistungen also grundsätzlich nur in Verbindung mit einer klinischen Untersuchung anbieten, Bagatellfälle bzw. besondere Situationen können jedoch Ausnahmen darstellen.
Tierärztliche Telemedizin ist ein Überbegriff, der sich auf den Einsatz von Technologie zur Datenübertragung, Schulung sowie Untersuchung/Behandlung im Veterinärbereich bezieht. Sie umfasst Telediagnostik, Telemonitoring und Telekonsultation.
1.Telediagnostik
Telediagnostik bezeichnet die Fernuntersuchung eines oder mehrerer Tiere mittels Videokonferenz. Tierärzte können auf diese Weise eine Diagnose erstellen und Folgeverordnungen ausstellen. Voraussetzung hierfür ist in der Regel jedoch, dass das Tier zuvor mindestens einmal vom verordnenden Tierarzt untersucht wurde.
Zum Beispiel ist es nicht mehr notwendig, eine Katze mit Diabetes regelmäßig zum Tierarzt zu bringen, wenn ihr Gesundheitszustand dies nicht erfordert. Tierärzte können die Telediagnostik auch nutzen, um zu beurteilen, wie eine Wunde verheilt, oder um eine Operationsnarbe zu kontrollieren.
Telediagnostik hilft auch, überfüllte Wartezimmer zu vermeiden und besorgte Tierbesitzer zu beruhigen. Außerdem wird dem Tier der Transport in die Praxis und somit unnötiger Stress erspart. Selbstverständlich ist bei dringenden Behandlungen eine eingehende klinische Untersuchung vor Ort bzw. in einer Praxis erforderlich.
Telediagnostik erleichtert Tierärzten auch die regelmäßige intensive Überwachung von Tieren in abgelegenen Gebieten, in denen der Zugang zu tierärztlichen Diensten sehr eingeschränkt ist.
Sehen Sie sich das Video über die Tierarztpraxis Vet’eau an. Diese Tierarztpraxis bietet telemedizinische Dienste für Aquakulturfarmen an. Sie verwendet dazu die XpertEye Advanced-Lösung mit einer Datenbrille.
2.Telemonitoring
Telemonitoring ermöglicht es Tierärzten, die Entwicklung des Gesundheitszustands (Temperatur, Gewichtsschwankungen, Anzeichen von Dehydratation usw.) eines Tieres oder eines Zuchtbetriebs mithilfe von vernetzten medizinischen Geräten und Videolösungen zu überwachen.
In der Schweinehaltung zum Beispiel können Mikrofone zur Aufnahme der Tierlaute verwendet werden, um zwischen einem „gesunden“ und einem pathologischen Husten zu unterscheiden. Anhand von Wärmebildkameras können Tierhalter und Tierärzte ebenfalls wichtige Informationen über den Zustand der Tiere erhalten. Sich anbahnende Krankheiten können auf diese Weise schnell erkannt und behandelt sowie ihre Ausbreitung und damit verbundene teure Behandlungen vermieden werden.
Bei Gesundheitskrisen wie Covid, Vogel- oder Schweinegrippe müssen Tierhalter die Zahl der externen Besucher auf ihren Höfen begrenzen, um jegliches Kontaminationsrisiko zu vermeiden. In diesen Fällen können sie mithilfe von Videokonferenzen Remote-Audits durchführen. Dazu verbindet sich der Tierhalter über eine Datenbrille oder ein Smartphone mit einem Prüfer/Tierarzt, um ein komplettes Audit seines Tierbestands durchzuführen.
3.Telekonsultation
Bei einer Telekonsultation zieht der Tierarzt einen oder mehrerer Kollegen zu Rate – in der Regel aufgrund ihrer spezifischen Ausbildung, Spezialisierung oder Expertise. So können Tierärzte sich z. B. während einer Operation per Video assistieren lassen, bei einer Autopsie oder einer Auswertung eines Röntgenbilds diagnostische Unterstützung erhalten oder ein Veterinärlabor dazuschalten.
Dr. Laetitia Dorso, eine auf pathologische Anatomie spezialisierte Tierärztin, verwendet die XpertEye-Lösung, um Tierärzte bei der diagnostischen Autopsie von Rindern und Pferden zu unterstützen. Bei Rindern z. B. hat eine fachgerecht durchgeführte Autopsie mehrere Vorteile: Es kann festgestellt werden, ob ein potenzielles Risiko für andere Tiere im Betrieb oder ein mögliches epidemiologisches Risiko besteht. In bestimmten Fällen kann ein verantwortlicher Dritter identifiziert werden, wodurch ggf. ein Schadensersatzanspruch geltend gemacht werden kann. Die Spezialistin nutzt XpertEye außerdem, um ihren Kollegen Fachkenntnisse in diesem Gebiet remote zu vermitteln.
Mehr dazu (Artikel auf Französisch)
Dank der Datenbrille kann die Expertin die von ihrem Kollegen durchgeführte Autopsie in Echtzeit mitverfolgen, indem sie ihm virtuell über die Schulter blickt.